Das LKA weigert sich, Auskünfte zu geben und will Betroffene auch nicht informieren. Antworten gibt es vom Ministerium.
Wie viele Schleswig-Holsteiner stehen auf den sogenannten „Todes“- oder „Feindeslisten“ der rechten Szene? Das Landeskriminalamt weigert sich, darüber Auskunft zu geben.
Der Landtagsabgeordnete Lasse Petersdotter (Grüne) gibt sich damit nicht zufrieden, zumal das Innenministerium ihm vergangenen September noch versichert hat, jeder Bürger könne erfragen, ob er auf einer solchen Liste stehe. Petersdotter hatte Innenminister Hans-Joachim Grote (CDU) angeschrieben, um zu erfahren, wie viele Schleswig-Holsteiner seit 2011 auf rechten Listen entdeckt wurden. 2011 war im Brandschutt der Wohnung des NSU-Trios in Zwickau die sogenannte „10.000-Liste“ gefunden worden.
Die Antwort des Innenministeriums: 24 Schleswig-Holsteiner standen auf der „10.000-Liste“. Das LKA habe sie angeschrieben – insbesondere, um sie über das „Nicht-Vorliegen einer Gefährdung“ zu informieren. Mit genau dem Argument, dass keine Gefahr bestehe, verweigert das LKA jetzt jedoch jegliche Auskünfte, etwa zur „Nordkreuz“-Liste (25.000 Namen).
Sie muss die Listen ernst nehmen, die Betroffenen informieren und ihnen Beratungsstellen vermitteln. Lasse Petersdotters Forderung an die Polizei
„Es geht bei solchen Listen nicht allein um Einschüchterung“, warnt Petersdotter. „Die Ersteller hoffen, dass sich jemand findet, der sich als Vollstrecker sieht und aktiv wird.“
Schädliche Ungewissheit
Das Zentrum für Betroffene rechter Angriffe („Zebra“) in Kiel ist eine solche Beratungsstelle – und die Listen sind ein Thema. „Unseren Dachverband erreichen derzeit viele Anfragen von Menschen, die sich unabhängige Beratung wünschen, unter anderem wegen der verharmlosenden Einschätzungen der Innenministerien bezüglich der Bedeutung dieser Datensammlungen“, sagt Berater Kai Stoltmann. Auch er fordert die Polizei auf, die Menschen nicht im Ungewissen zu lassen.
„Für Betroffene besteht weiterhin die Möglichkeit, beim Innenministerium zu erfragen, ob sie auf einer Liste stehen“, erklärte Sprecher Dirk Hundertmark gestern. Und weiter: Die Benachrichtigungen zur „10.000er-Liste“ sei damals nach einer bundesweiten Abstimmung ausschließlich aufgrund der Schwere der durch den NSU verübten Taten erfolgt.
Bei den jüngeren Listen, die zum Großteil aus öffentlich zugänglichen Quellen stammten, erfolge im Norden keine generelle aktive Unterrichtung. „Dies würde aus polizeilicher Sicht zu einer nicht gerechtfertigten Verunsicherung führen“, so Hundertmark.
Damit hätten die Täter eines ihrer Ziele erreicht: Verunsichern und Angst schüren.
https://www.shz.de/regionales/schleswig-holstein/politik/so-viele-schleswig-holsteiner-stehen-auf-der-todesliste-der-rechtsextremen-id24931122.html